Bei Zen heisst Meditation: Nicht denken. Einfach im Moment sein. Tägliche Zen-Meditation führt gemäss der Zen-Meisterin Maria Fröhlich zu einer grösseren Konzentrationskraft, einer inneren Ruhe und Ausgeglichenheit und die Fähigkeit, gezielter Dinge anzugehen. Und was sagt die Forschung dazu? Gemäss der Tokyo University beruhigt sich dein Gehirn während einer Zen-Meditation und wird somit weniger aktiv. Als Zen-Meditierende*r kannst du also in deiner Meditation leichter Gedanken loslassen und dich auf das Sein konzentrieren. Tönt wunderbar, nicht wahr?
Wenn es dann so einfach wäre…
Yodo, ein Rinazi Zen Mönch, begrüsst uns zu unserem 5-tägigen Zen-Meditationsreatreat «FIND YOUR ZEN» in seinem über 670 Jahre alten GyaTeiJi Tempel in Beppu, Japan. Er trägt seine «kesa», ein modern interpretiertes Mönchsgewand aus Jeansstoff. Sein entspanntes und freundliches Erscheinungsbild und die einführenden, klar verständlichen Erläuterungen zu Zen beruhigen unsere etwas aufgewühlten Erwartungen und Befürchtungen.
Am ersten Morgen um genau 06.50 Uhr (pünktlicher als jede Schweizer Uhr) holt uns Yodo im Gästehaus ab und begleitet uns zum Tempel, wo wir die uns beschriebene Sitzhaltung an dem uns zugewiesenen Platz einnehmen. Um 07.00 Uhr schlägt Yodo die Klangschale drei Mal an. Wir vertiefen uns in eine 40-minütige Zen Meditation, genannt zazen. Um den wandernden, unruhigen Geist zu fokussieren, weist uns Yodo an, unsere Atemzüge von 1 – 10 zu zählen und dann wieder neu zu beginnen. Die ersten Minuten gelingen gar nicht so schlecht, dann aber lässt der Fokus nach und die Zählversuche landen immer mal wieder bei 12 oder 13 oder versanden ganz… Na ja, es ist noch kein (Zen-)Meister vom Himmel gefallen!
Es folgt ein einfaches, klösterliches Frühstück bestehend aus Reisbrei mit Seetang und Tee oder Wasser. Dann geht es zur Tempelarbeit, «samu», für welche wir mit einfachen Gartenwerkzeugen und Besen ausgerüstet werden. Einige jäten am Boden kauernd oder sitzend Unkraut, Andere fegen die heruntergefallenen Blätter zusammen. Yodo lehrt uns, unsere Arbeit konzentriert und gesammelt zu machen, damit wir Achtsamkeit und Hingabe üben können.
Das Mittagessen und das Abendessen werden gemeinsam vorbereitet und gekocht. Wir lernen die unglaubliche Vielfalt der japanischen Küche kennen und schätzen. (Hungrig verlässt hier bestimmt keiner den Tisch!) Das sorgfältige Anrichten der reichen Auswahl an Speisen in den diversen «Schälchen» wie auch das bewusste und achtsame Essen sind bedeutende Aspekte eines Zen-inspirierten Lebens. Im Laufe des Retreats dürfen wir mit Yodo’s Frau Keiko in die hohe und äusserst schwierige Kunst der Kalligraphie eintauchen. Michiko, Yodo’s Mutter, zeigt uns die traditionelle Art der Teezeremonie. Beides Künste, welche im japanischen Zen, eine bedeutende Rolle spielen.
Zen ist Einfachheit, Reduktion. Konzentrierte Selbstbesinnung und Öffnung zur Welt. Man macht, was man tut. Wird zu dem, was man macht. Ist achtsam. Bewertet nicht. «Wer isst, isst – wer geht, geht – wer meditiert, meditiert.» Dies sind die Lehrsätze, die uns Yodo mitgibt und den Rat, die tägliche Meditationspraxis mit in unseren Alltag zu nehmen.
Yodo’s lebenszugewandte und pragmatische Art des Unterrichtens von Zen Meditation hat uns begeistert und nachhaltig in seinen Bann gezogen. Yodo ist ein einfühlsamer und liebenswerter Gastgeber mit einer unglaublich akzeptierenden Haltung für kulturelle Andersartigkeit. Man fühlt sich von der ersten Minute an willkommen und so akzeptiert, wie man ist.
Japan liegt nun nicht gerade um die Ecke, aber ist auf jeden Fall eine Reise wert. Und das Teilnehmen an einem Meditationsretreat bei Yodo wird zur einzigartigen Lebenserfahrung. Komme mit einem offenen Geist und reise mit einem vollen Herzen (und Bauch) wieder ab.